Kleine Anekdote: Unser Job in 40 Jahren
![Arbeitsgruppe unterschiedlichen Alters](https://www.westpress.de/wp-content/uploads/2016/12/Arbeiten-mit-Anfang-siebzig_640x640.jpg)
30 Jahre jung – ältere Semester werden nun allenfalls schmunzeln. Da ist noch viel Zeit bis zur Rente. In unserem Büro arbeiten fünf reizende Kollegen und Kolleginnen mit einem Altersdurchschnitt von 30,2 Jahren. Das ist in der Tat noch recht jung, aber in der Kommunikationsbranche liegen wir damit voll im Durchschnitt.
Tatsächlich sind nur etwa 6 Prozent der in der Branche Beschäftigten 50 Jahre und älter. Glücklicherweise haben wir einige Kollegen im Unternehmen, die deutlich (auch wenn es etwas uncharmant klingt) über dem Altersdurchschnitt unserer Branche liegen. Die Agentur profitiert von ihren Erfahrungen, schließlich haben sie schon einige Trends kommen sowie gehen sehen und einige Branchenentwicklungen verfolgen dürfen – aufgeschlossen wie auch kritisch.
Rente ab 73
Aktuell erwartet uns ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren. „Zurzeit kommen knapp drei Menschen im erwerbstätigen Alter auf einen Rentner. Sollte dieses Verhältnis in etwa konstant gehalten werden, müsse das Alter für den Renteneintritt steigen, folgern die Forscher. Bis 2030 wären das 69 Jahre und bis 2035 71. Etwa weitere 12 Jahre später könne es dann konstant bei 73 Jahren bleiben“, informiert DIE ZEIT gemäß einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Wer vorzeitig vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in den Ruhestand geht, hat prozentuale Abzüge hinzunehmen. Tja, es will ja alles finanziert werden.
Aber zurück zu unserem eingangs erwähnten Szenario: Wir stellten uns also vor, dass wir mit Anfang siebzig in der gleichen personellen Konstellation, bei ähnlichen Arbeitsbedingungen im Büro säßen. (Für alle Kritiker: Das Szenario ist rein hypothetisch und büßt eine ordentliche Portion Realitätsbezug ein ;-)). Diese Vorstellung war alles in allem recht amüsant: Das Büro der Best Ager sozusagen, die sicher ihre ganz eigenen Marotten und Wehwehchen mitbrächten.
Mal eben oder ganz schnell?
Nach heutigem Stand sitzen wir in einem sehr modernen Bürogebäude, das demgemäß natürlich auch über einen Aufzug verfügt. Damit gibt es einen barrierefreien Zugang zu allen Räumlichkeiten. Im fortgeschrittenen Alter sollten wir – trotz einiger körperlicher Gebrechen – problemlos zu unseren Arbeitsplätzen gelangen können.
Wie wird es aber aussehen, wenn meine Kollegen bitten: „Komm mal eben rüber!“, „Schau dir das mal eben an!“ Ich weiß, es gibt etliche Personen, die mit 73 äußerst fit und agil sind. „Mal eben“ oder „auf die Schnelle“ sieht mit Anfang siebzig dann aber doch anders aus, obgleich – so die Theorie – unser Job im reifen Alter physisch durchaus zumutbar ist. Fliesenleger, Dachdecker und Co. (die an dieser Stelle mal stellvertretend für körperlich belastende Berufe genannt werden) erwarten andere Aussichten. Für uns gibt es also keinen Grund zur Beschwerde …
Wie viele gleichaltrige Kollegen werden überhaupt noch hier sein? Wie schnell werden wir Kundenanfragen und -projekte umsetzen (können)? In wie viel Rücksicht werden sich unsere jüngeren Kollegen uns gegenüber üben (müssen)? Sind wir dann das Büro „der fortgeschrittenen Generation“ ;-)? Werden wir unsere Renten noch genießen können?
Wandel der Arbeitswelt
Nun hat unser Szenario natürlich alle technischen und personellen Entwicklungen, den medizinischen Fortschritt (usw.) vollkommen ausgeklammert. Es ist ja durchaus fraglich, ob es „den Bürojob“ in der Form überhaupt noch geben wird: Braucht es zukünftig weiterhin stationäre Arbeitsplätze und Büros? Oder werden wir nicht viel eher absolut mobil, räumlich wie zeitlich vollkommen unabhängig auf alle Daten zugreifen, diese austauschen und per Livestream abstimmen können – ohne Qualitätseinbußen, Sicherheitslücken und per flächendeckendem Highspeed-Internet. (Lachen Sie nicht, in ländlichen Regionen ist die störungsfreie Internetnutzung bisher noch Utopie.)
Welche Qualifikationen müssen wir in 40 Jahren im Gepäck haben beziehungsweise können wir uns diese schnell genug aneignen, um nicht den Anschluss zu verlieren und als Arbeitskräfte weiterhin attraktiv zu bleiben? Welche Arbeitsmodelle werden sich entwickeln und die uns bekannten Arbeitsweisen auf den Kopf stellen?
Eine Frage gibt die nächste in die Hand und dennoch bleiben etliche Aspekte, wie Sie selbst bei der Lektüre zweifelsohne bemerkt haben, unreflektiert. Je nach Tätigkeits- und Aufgabenbereich stellen sich ganz gewiss weitere und spezifischere Fragen – viele konkrete Antworten werden wir sicher erst im Laufe der Zeit erhalten.
Interessanterweise setzten wir uns aber gerade dank des Geburtstages mit diesem Zukunftsszenario auseinander. Im Alltäglichen lebt man möglicherweise zu häufig für den Moment und verdrängt das Leben im Alter. Die Denkanstöße, die wir mitnahmen, bewirkten aber eines: Bei meinem frisch 30 Jahre alt gewordenen Kollegen zeichneten sich ein paar (erste) Falten ab – die meisten davon waren jedoch Lachfalten ;-)
Autorin: Tina Kalthöfer
Titelbild: Fotolia.com: © contrastwerkstatt
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