28. Juli 2023 Keine Kommentare

Rehiring oder Boomerang-Recruiting: Wiedereinstellung als Element der Recruiting-Strategie

Aus und vorbei – beendet eine Kündigung die Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmenden? Nicht zwangsläufig und schon gar nicht emotional. Bisweilen ist die Kündigung nur ein Abschied auf Zeit. Denn mit den richtigen Maßnahmen und einem systematischen Offboarding kann es gelingen, qualifizierte Arbeitskräfte zurückzugewinnen. Rehiring bzw. Boomerang-Recruiting ist noch nicht in allen Recruiting-Strategien angekommen, bietet aber großes Potenzial. Über Vorteile, Herausforderungen und Voraussetzungen.

    Manchmal ist es einfach an der Zeit für einen Tapetenwechsel – auch im Job. Weg vom Gewohnten, hin zu Neuem. Manches Mal aus der Notwendigkeit heraus, weil sich Lebensumstände ändern. Mitunter, weil ein vielversprechendes Angebot lockt. Oder, weil der Wunsch besteht, sich in einem anderen (Arbeits-)Umfeld persönlich und fachlich weiterzuentwickeln. Allesamt legitime Motive, mit denen Arbeitgeber professionell umgehen sollten. Wer sich verschmäht zurückzieht, verpasst eine wichtige Chance: Rehiring.

    Was ist Rehiring (bzw. Boomerang-Recruiting)?

    Rehiring oder Boomerang-Recruiting bezeichnet Maßnahmen, die zur gezielten Rückgewinnung und Wiedereinstellung ehemaliger Mitarbeiter*innen eingesetzt werden.

    Je nachdem, welche Beweggründe zur Trennung geführt haben, ist eine Rückkehr zum Arbeitgeber nicht ausgeschlossen. Auch wir schätzen uns glücklich, dass eine ganze Reihe von Kolleg*innen sich erneut für uns entschieden hat. Doch nicht jede(r) traut sich, beim ehemaligen Arbeitgeber ein weiteres Mal vorstellig zu werden. Aus Scham, weil es als Rückschritt, Scheitern oder Eingeständnis gedeutet werden könnte, dass es woanders doch nicht besser ist.

    Schade, weil sowohl Ex-Mitarbeitende als auch Arbeitgeber von einem Neuanfang profitieren können. Umso wichtiger ist es,

    • mit diesem vermeintlichen Tabu aufzuräumen.
    • gemeinsame Perspektiven offen zu kommunizieren.
    • für ein „Herzlich-willkommen-zurück“ den Grundstein zu legen.

    Oder kurz: Weg vom glücklichen Zufall, hin zur Wiedereinstellung als Bestandteil der Recruiting-Strategie.

    Vorteile für Arbeitgeber

    Rehiring hat großes Potenzial für die Personalgewinnung. Schauen wir uns einige Vorteile für Arbeitgeber an:

    • Ehemalige sind schneller eingearbeitet. Sie kennen i. d. R. die Strukturen und Abläufe im Unternehmen. Daher können sie in kürzerer Zeit selbstständig Aufgaben sowie Tätigkeiten übernehmen.
    • Ehemalige bringen neue Fähigkeiten und Wissen aus einem anderen Arbeitsumfeld mit.
    • Mitarbeitende wissen, was sie am alten/neuen Arbeitgeber haben. Das kann zu einer intensiveren Bindung zum Arbeitgeber beitragen.
    • Rehiring ist kostengünstiger, da ein Kennenlernen und etwaige Auswahlverfahren kaum oder im eingeschränkten Rahmen erforderlich sind.

    Herausforderungen für Arbeitgeber

    Damit Rehiring erfolgreich gelingt, braucht es ein systematisches Vorgehen und ein gewisses Maß an Fingerspitzengefühl. So gilt es,

    • die Motive zu analysieren, die zur Trennung führten, um mögliches Konfliktpotenzial abzuwägen.
    • etwaige Veränderungen seit dem Austritt zu berücksichtigen (strukturell, kulturell, prozessual, technologisch) und Wiedereinsteiger*innen darüber aufzuklären sowie darauf vorzubereiten.
    • fair zu bleiben, d. h. Rückkehrer*innen weder unverhältnismäßig zu bevorzugen noch zu benachteiligen.
    • etwaige Vorbehalte der Teammitglieder gegenüber Rückkehrer*innen zu prüfen.
    • den Wiedereinstieg transparent zu kommunizieren, um die Teams darauf vorzubereiten.

    Voraussetzungen für das Rehiring

    Damit Ex-Mitarbeitende erneut durchstarten können, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Andernfalls bleibt nur die Hoffnung, dass Ehemalige die Eigeninitiative ergreifen und der Wunsch einer Rückkehr stark genug ist, um erneut bei Ihnen anzuklopfen. Aber mal ehrlich, Sie erwarten ja auch nicht, dass sich Vakanzen wie von Zauberhand besetzen lassen und gehen strategisch vor, oder?

    Zu den Voraussetzungen gehören beispielsweise:

    • eine offene Unternehmens- und positive Trennungskultur sowie ein zeitgemäßer Führungsstil: Dies schafft ein Umfeld, in dem u. a. konstruktives Feedback Platz hat, gegenseitiger Respekt sowie Wertschätzung gelebt wird und somit professionelle HR-Arbeit möglich ist.
    • ein gutes Offboarding: Arbeitszeugnis abgeben, Arbeitsmittel sowie Schlüssel/Zugangskarte einkassieren und mit einem Händedruck Ehemalige herauskomplimentieren? So funktioniert Offboarding (auch Exit-Management oder Trennungsmanagement) nicht. Ein wertschätzender, strukturierter Abschluss der Zusammenarbeit sollte für jedes Unternehmen zum guten Ton gehören. Dies verstärkt u. a. die Offenheit für einen Wiedereinstieg.
    • ein vertrauliches Exit-Interview (als Bestandteil des Offboardings): Welche persönlichen Erfahrungen und Eindrücke hat die Person gesammelt – gute wie schlechte? Welches Trennungsmotiv liegt konkret vor? Welche Empfehlungen zur Verbesserung gibt es? Die Erkenntnisse zeigen, woran gezielt gearbeitet werden kann, um ein attraktives Umfeld zu schaffen. Klar ist, es braucht den Rahmen dafür, dass sich Personen vor ihrem Austritt offen und ehrlich mitteilen. Das Gespräch muss absolut vertraulich sein. Im besten Fall arbeiten HR-Teams mit einem Gesprächsleitfaden, um wichtige Informationen strukturiert erfassen zu können.
    • ein klares Signal bzw. eine symbolische Kommunikation: Verdeutlichen Sie, dass eine Rückkehr in das Unternehmen möglich ist und sogar ausdrücklich begrüßt wird. Das kann in einem Abschlussgespräch vermittelt werden – vom HR-Team und/oder der Führungskraft. Darüber hinaus können kleine Giveaways die Aussage verstärken oder zum liebevollen Erinnerungsstück werden. Einige Beispiele dazu gibt es nachfolgend.
    • ein klares Erwartungsmanagement: Gibt es Tendenzen, dass ein Wiedereinstieg realistisch ist? Dann sollten die Voraussetzungen für den möglichen Neuanfang offen kommuniziert werden. Und das von beiden Seiten. Wer Erwartungen eindeutig äußert, vermeidet Enttäuschungen oder unerfüllte Hoffnungen.

    Beispiele für Maßnahmen rund um das Boomerang-Recruiting

    Ja, es gibt so einige Unternehmen, die Rehiring bzw. das Boomerang-Recruiting als Recruiting-Kanal betrachten und daher Maßnahmen zur gezielten Ansprache von potenziellen Kandidat*innen initiiert haben. Hier einige im Überblick:

    • Schon früh erkannte Marcel Rütten die Chance des Wiedereinstiegs und etablierte für die Kindernothilfe ein Alumni-Netzwerk für Praktikant*innen. Das Ziel: Die Talente nach abgeschlossenem Studium und ersten Berufserfahrungen erneut für die Arbeit bei der Hilfsorganisation zu begeistern und zurückzugewinnen.
    • Die DRK Kliniken Berlin versenden Grußbotschaften mit Boomerang-Schlüsselanhängern an Ex-Mitarbeitende, die man gerne „zurückerobern“ möchte. Dies geschieht auch auf Vorschlag von Mitarbeitenden, die ehemalige Kolleg*innen vermissen und sich als Teammitglied zurückwünschen. (Quelle: https://karriere.drk-kliniken-berlin.de/bumerangs-fuer-ehemalige-mitarbeitende-magst-du-zu-uns-zurueckkommen/)
    • In der Schweiz erhalten ausgewählte Mitarbeitende, die das Unternehmen verlassen, von der Bedag Informatik AG ein Comeback-Ticket. Und damit das Signal, dass ihre Rückkehr ausdrücklich begrüßt wird. Jo Dierks berichtete seinerzeit ausführlich im Recrutainment-Blog davon.
    • Ähnlich verhält es sich beim goldenen Rückfahrtticket, das bei der Bäckerei und Konditorei Hensel GmbH an besonders qualifizierte und gute Fach- und Führungskräfte und/oder geliebte Kolleg*innen vergeben werden kann. Diese Einblicke teilte kürzlich Theresa Budde via LinkedIn mitsamt der Ansicht ihres VIP-Tickets.

    Ehemalige und ihr Einfluss auf die Arbeitgebermarke

    Häufig werden Ehemalige als Zielgruppe des Employer Brandings vergessen. Dabei haben sie großen Einfluss auf das Arbeitgeberimage – positiv wie negativ. Denn die Beziehung zwischen Arbeitgebern und Ex-Mitarbeitenden erlischt nicht mit der Kündigung. Die Wahl des Berufes, der Tätigkeit, des Arbeitgebers hat großen Einfluss auf die eigene Identität. Verlassen Mitarbeitende einen Arbeitgeber, so ist er immer noch Teil der Vita.

    Natürlich sind Kündigungen immer mit Emotionen verbunden. Enttäuschte, möglicherweise sogar frustrierte Ex-Kolleg*innen werden eher über die Defizite berichten (z. B. via Arbeitgeberbewertungsplattformen). Wer sich im Guten trennt und sogar in Kontakt bleibt, kann auf positive Stimmen oder Fürsprecher*innen bauen. So werden ehemalige Beschäftigte zu wichtigen Multiplikator*innen und können ein Unternehmen als Arbeitgeber trotz Austritts wärmstens empfehlen. Und vielleicht finden sie dann eines Tages sogar selbst wieder den Weg zurück.



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    Titelbild: Unsplash/© Nick Fewings

    Hinweis: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in einzelnen Fällen auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter.

    Tina Schwarze

    ist Ihre Ansprechpartnerin für alle Anfragen rund ums Thema Content. Im Blog schreibt sie vorwiegend zu den Themen Personalmarketing und Employer Branding.