9. Oktober 2019 Keine Kommentare

Recruiting Convention 2019: HR rockt Zürich

Wenn Prospective an den traumhaften Zürichsee zur Recruiting Convention einlädt, dann muss man einfach hin. Insbesondere wenn Speaker wie Marc Marthaler, Curley Fiedler, Marcus Fischer und Ute Neher angekündigt sind. Gesagt, getan, begeistert – wie etwa 160 HRler. Unsere Learnings des Tages: Personalarbeit ist Teamarbeit, Daten sind unser größter Freund und die Zukunft braucht neue Bildungsmodelle. Vor allem muss HR mehr Haltung zeigen und mit Leidenschaft agieren.

    Zur Recruiting Convention 2019 präsentierte sich der Spätsommer in Zürich im schönsten Gewand. Eine perfekte Kulisse für das erfolgreiche HR-Event von Prospective Media, das nun bereits zum neunten Mal am Zürichsee stattfand. Etwa 120 HRler folgten nur allzu gern der Einladung in das Lake Side.

    Location Recruiting Convention 2019

    Geboten wurde ein sorgfältig abgestimmtes Programm mit Einblicken in den Arbeitsalltag von Kollegen aus Deutschland und der Schweiz. Mit anschaulichen Praxis- und Kampagnenbeispielen und der Möglichkeit, direkt mit den Experten in den Dialog einzusteigen, Themen zu vertiefen oder ihnen ein paar wertvolle Tipps zu entlocken. Die Learnings des Tages haben wir mal kurz und bündig zusammengefasst.

    Google for Jobs und Programmatic Job Advertising

    Als Gastgeber eröffnete Matthias Mäder mit einem kurzen Impulsvortrag die Convention und widmete sich zwei Themen, die in der jüngeren Vergangenheit so manchen Personaler beschäftigt haben dürften: Google for Jobs und Programmatic Job Advertising.

    Bei beiden Themen gäbe es noch immer viele Unklarheiten, merkte der Geschäftsleiter Prospective Media an. Er räumte mit einigen Missverständnissen auf und gab Empfehlungen, z. B. zu den technischen Guidelines oder zur Aussagekraft von Stellentiteln 😊.

    Auszug aus der Recruiting Convention 2019 (Beitrag Matthias Maeder)

    Ein großes Defizit attestierte er vielen Personalern im Umgang mit KPIs. Zwar würden Leistungskennzahlen als prinzipiell wichtig eingestuft, aber nicht zielgerichtet erhoben und ausgewertet. Wie wichtig das Thema Daten ist, sollte sich im Laufe des Tages gleich mehrfach zeigen.

    Die Mitarbeitenden der Zukunft … sind mitten unter uns!

    Nachwuchstalente richtig ansprechen, gewinnen und auch nach der Ausbildung für das Unternehmen begeistern – wer möchte das nicht? Marc Marthaler hat sich dies nicht nur auf die Agenda geschrieben, sondern erfolgreich realisiert. Dabei setzt er bei der Swisscom für die insgesamt 900 Lernenden (Azubis) in 7 unterschiedlichen Lehrberufen auf die perfekte Symbiose aus Lernen und Arbeiten. Die Grundsätze dieses Bildungsmodells wurden eigens in einem Manifest festgehalten.

    Auszug aus der Recruiting Convention 2019 (Beitrag Marc Marthaler)

    Über einen Online Marketplace stellen Lernende ihre Lehre selbst zusammen und bewerben sich für Projekte in ihrem oder nahe ihrem gewählten Beruf. Anhand realer Projekte wird derart der praxisbezogene Kompetenzerwerb gefördert. Für die Ausbildung zuständig sind in dieser Zeit die Projektleiter. Unterstützung in Hinblick auf die persönliche und fachliche Entwicklung erhalten die Lernenden zudem von sogenannten Lernbegleitern, die zugleich die Einhaltung der Ausbildungsvorgaben verantworten.

    Im Fokus stehen Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenzen. Auch das Thema Selbstreflexion spielt eine große Rolle – ebenso für jene, die ausbilden. Marthaler ist nämlich überzeugt: „Wir können nicht befähigen, ohne selbstkritisch zu sein.“

    Dass das Modell Sinn macht, belegen die Zahlen. Die Swisscom erzielte im Sommer 2019 eine Abschlussquote von 97 %, darunter etliche Absolventen mit besonderer Auszeichnung. Vor allem aber ist das Konzept zeitgemäß. Agiles Arbeiten wird bei der Swisscom nicht nur gedacht oder groß thematisiert, sondern bereits heute konsequent gelebt.

    Partner in Crime: Mit Hiring Managern zum Active Sourcing Erfolg

    Unsere Welt verändert sich und mit ihr die Herausforderungen, die an HR gestellt werden. Curly Fiedler ist sich sicher, dass man jetzt und zukünftig Recruiting und Active Sourcing am besten im Team meistert.

    Ihr Credo: „Zusammen könnt ihr es richtig gut schaffen“. Denn jeder habe seine Stärken, die das Team bereicherten. Ohne Know-how aus den Fachbereichen sei es etwa schwierig – vielleicht sogar unmöglich –, die richtigen Talente zu identifizieren.

    Zu den Eigenschaften eines guten Active Sourcers zählen für sie:

    1. Neugierde
    2. Empathie
    3. Offenheit
    4. Durchhaltevermögen
    5. Kommunikation
    6. Technische Affinität
    7. Pragmatismus
    8. Stakeholderorientiertes Arbeiten & Teamwork

    Wobei die genannten Stärken sicher auch für HR-Kollegen mit anderen Schwerpunkten gelten. Wichtig ist für Curly Fiedler zudem, nachvollziehbar zu handeln. So erstellt sie regelmäßig Reportings, wie viele Talente sie angeschrieben oder wie viele Gespräche sie geführt hat. Obendrein startet sie immer eine Probesuche, um dem Hiring Manager von Anfang an eine Einschätzung des vorhandenen Potenzials zu liefern.

    Als Sourcing Expertin weiß sie, dass es den engen Austausch mit dem Hiring Manager braucht und wo es Grenzen gibt. Nicht jeder könne zum Beispiel Kandidatenprofile lesen und mit nicht jedem Partner würde man grün. Müsse man aber auch gar nicht. Als Projektgruppe „ist es ja nicht für immer“ 😊.

    #ChangeMakers in Dentistry

    Marcus Fischer ist kein Unbekannter in der HR-Szene. Übrigens wie die meisten der #rcs19-Sepaker. Weniger bekannt sind vielleicht das Tätigkeitsfeld seines Arbeitgebers, Straumann Group, und die damit einhergehende besondere Herausforderung für das Recruiting.

    Als weltweit führender Anbieter von Zahnersatzlösungen braucht das Unternehmen erfahrene und sehr begehrte Spezialisten aus der Medizintechnikbranche, zumal die Gruppe schnell wächst. Gerade in Städten wie Basel, wo der Hauptsitz liegt, ist die Nachfrage nach diesen Spitzenkräften sehr hoch. Insofern wird zwangsläufig global rekrutiert.

    Für Fischer nimmt die Unternehmenskultur dabei eine wichtige bzw. sogar entscheidende Rolle ein. Denn aus dieser leite sich ab, warum etwas getan wird und warum nicht anders. Das sei als internationales Unternehmen nicht immer ganz einfach, zu praktizieren – zumal auch die Politik Einfluss nehme.

    Entsprechend dem Straumann-Grundsatz „Be where the talents are“ sind für den erfahrenen Personaler Social-Media-Kanäle und Arbeitgeberbewertungsportale wichtige Plattformen für den Dialog mit Talenten. Für ihn zählt in dem Zuge Authentizität statt Marketing Blabla. Man dürfe auch mal Kante zeigen, aber immer respektvoll und persönlich. Nicht zuletzt sei jeder Bewerber auch ein potenzieller Kunde. Zahngesundheit ginge schließlich jeden etwas an :-).

    Auszug aus der Recruiting Convention 2019 (Beitrag Marcus Fischer)

    Was HR vom Rock ’n‘ Roll lernen kann

    Tja, gute Frage. Die Antworten lieferte Michel Ganouchi entweder in Form oder in Begleitung von legendären Rocksongs. Parallelen sieht er etwa beim Employer Branding und Rock ’n‘ Roll darin, dass es ein klares Profil bräuchte zur 1. Orientierung, 2. Differenzierung, 3. Identität.

    Ganouchi hat ein klares Bild davon, was HR leisten müsse. Seine Wunschliste lautet:

    • HR solle mehr Haltung zeigen
    • HR solle Taktgeber werden
    • HR solle auch mal die Komfortzone verlassen
    • HR dürfe und solle mehr Mut haben
    • HR müsse endlich in die Gänge kommen

    Nun, vielleicht braucht es ja einfach ein bisschen mehr Rock ’n‘ Roll, um HR in Schwung zu bringen. Gegen das Suppenkoma nach der Mittagspause half es allemal.

    Recruiting Mindset

    Magenta ist mehr als eine Farbe. Das hat die liebe Ute Neher in Zürich mal wieder eindrucksvoll bewiesen. Magenta bedeutet für sie, die digitale Zukunft mitzugestalten und Chancengeber zu sein. Nicht irgendwie, sondern mit Überzeugung. Ganz so, wie man Ute Neher als nunmehr Head of Global Talent Acquisitions bei der Deutschen Telekom kennenlernt: unangepasst, effizienzorientiert, leidenschaftlich. Es geht bei ihr nicht um „hätte“, „könnte“ oder „würde“. Es geht ums Machen.

    Am besten funktioniere das Hand in Hand – inklusive Absprachen und Verbindlichkeiten. Und zwar von allen Beteiligten. „Wir sind alles, aber keine Dienstleister“, befand Ute. Wenn es gut laufen solle, müssten alle an einem Strang ziehen. Feste Timelines strukturieren deswegen bei der Telekom die Abläufe, um die Zeiten im Recruitingprozess möglichst zu straffen. Denn „es geht immer um den Kandidaten“ und den darf man nicht warten lassen.

    Werden Fristen überschritten, wird der Prozess auch schon mal beendet – von den Recruitern. Denn auch Hiring Manager müssten ihr Mindset ändern, um Talente gewinnen zu können. Und das schließe auch ein, nicht immer nur die eierlegende Wollmilchsau rekrutieren zu wollen, sondern vielversprechende Potenziale zu gewinnen und weiterzuentwickeln.

    Was ist nun das Erfolgsrezept? Leidenschaft ist wichtig, ja – aber was ist ihr alltägliches Rüstzeug? Vor allem sind es Daten. „Daten sind unser größter Freund,“ urteilte Ute Neher. „Ohne sie sind wir aufgeschmissen.“ Mag sein, dass das an und für sich keine neue Erkenntnis ist, aber dank der anschaulichen Praxisbeispiele definitiv eine gute Motivation, ebenfalls deutlich konsequenter Daten in die eigene HR-Arbeit einzubeziehen.

    Content Recruiting – weil Active Resourcing nicht mehr genügt!

    Was durch den Titel vorerst recht kontrovers anmutete, fasste zuletzt doch in vielen Teilen die Learnings des Tages zusammen. Frank Rechsteiner forderte in seinem Vortrag dazu auf, deutlich ganzheitlicher zu denken und zu agieren: „Ein bisschen KI, ein bisschen Software, ein bisschen dies und ein bisschen das – hilft nichts.“ Active Sourcing bedeute eben auch nicht, nur ein wenig LinkedIn und Xing für die Personalgewinnung zu nutzen.

    Entscheidend ist für ihn, Talente besser kennenzulernen und herauszufinden, wie sie ticken. Übrigens extern wie intern. Denn oberstes Recruitingziel, so Rechsteiner, sollte immer sein, niemanden zu verlieren. Letztlich liege „[d]ie Macht der Entscheidung [aber] beim Kandidaten.“

    Für den Recruiting-Coach steht es außer Frage: Es braucht ein Umdenken und zwingend Veränderung. Wo genau? Bei HR. Und hier knüpfte er an seine Vorredner an, appellierte für mehr Haltung, Mut und Leidenschaft. Ähnlich wie für Curley Fiedler steht für ihn fest, dass Recruiting und Active Sourcing Teamarbeit ist. Kleinkriege mit Hiring Managern nützten gar nichts.

    Es brauche gegenseitige Wertschätzung und Unterstützung, sonst liefe es nicht. Und erst dann gewinne der Recruiting-Prozess an Tempo. Nicht länger als drei Wochen solle es bis zur Vertragsunterschrift dauern. Eine Benchmark, die es in sich hat. Nicht mal die gut organisierten Profis bei der Telekom können aktuell diese Zeitspanne auf breiter Linie trotz des straffen Zeitplans einhalten.

    Ein Schlüssel zum Recruiting-Erfolg sieht der Personalberater im Content Recruiting. Ziel ist es, potenzielle Kandidaten mit Blogs, Videos und Experteninterviews über aktuelle fachbezogene Themen auf sich aufmerksam zu machen. Und so über den Knowledge-Transfer eine langfristige Beziehung zu ihnen aufzubauen. Bei Bedarf steigt die Chance, die Talente für neu entstehende Vakanzen zu gewinnen.

    Zukunft, Change, Rock ’n‘ Roll, Mindset – darf es noch etwas mehr sein?

    Nun sind es zugegebenermaßen doch ein paar Worte mehr geworden. Und man hätte tatsächlich einiges mehr berichten können, z. B. über viele gute Gespräche neben den Vorträgen.

    Stattdessen möchten wir Sie ermuntern, ebenfalls die HR-Entdeckungsreise anzutreten – ob in Form von BarCamps, HR-Festivals, Workshops oder, oder, oder. Unsere dee:p reiht sich hier ebenfalls ein. Der HR-Terminkalender füllt sich schnell, wenn man möchte.

    Unser Versprechen: Der Austausch lohnt sich. Manchmal, um nur Kleinigkeiten im Alltäglichen zu ändern oder sich von großen Ideen beflügeln zu lassen. Oder wie Ute Neher sagen würde: „Hätte. Könnte. Würde. – Machen.“




    Autorin: Tina Schwarze

    Tina Schwarze

    ist Ihre Ansprechpartnerin für alle Anfragen rund ums Thema Content. Im Blog schreibt sie vorwiegend zu den Themen Personalmarketing und Employer Branding.