Gravity 2023: Fünf zentrale Learnings der Konferenz für Employer Branding

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Lange habe ich mich drauf gefreut und doch ist es leider so schnell wieder vorbei: die Gravity 2023, die Konferenz für Employer Branding & Arbeitgeberattraktivität vom 4. bis 5. Mai 2023 in Berlin. Was jedoch bleibt, sind die neu aufgetankte Motivation, viele Learnings sowie Denkanstöße, die danach rufen, sich weiter mit ihnen zu befassen und auseinanderzusetzen.
Meine persönlichen Lieblingsmomente und Vorträge möchte ich hier gerne teilen. Dafür habe ich die Konferenz Revue passieren lassen, meine Notizen durchgesehen und den Input in den folgenden fünf Denkanstößen zusammengefasst.
Emotionen sind in der Arbeitswelt unverzichtbar
Der Auftakt durch Magdalena Rogl war für mich persönlich das absolute Highlight der Gravity. In ihrer Keynote zeigt Magdalena Rogl, dass es in unserer Arbeitswelt häufig noch an einem mangelt: an dem Raum für Emotionen. Menschen mit Emotionen wird nachgesagt, sie würden die eigene Autorität durch ihre Emotionen untergraben. Auf ein „Wie geht es dir?“ wird automatisch und generisch geantwortet „Danke gut, und dir?“. Jegliche andere, ausführliche Antwort wird mit einem überraschten, vielleicht leicht überforderten Blick quittiert. Warum? Weil wir es nicht gewohnt sind, in unserem Arbeitsumfeld über unsere wahren Gefühle zu reden.
Und genau hier muss HR (was übrigens für Human Relations stehen sollte!) ansetzen. Wie? Indem eine Unternehmenskultur geschaffen wird, in der Empathie gelebt wird, von Führungskräften und Mitarbeitenden gleichermaßen. Magdalena Rogl vergleicht Empathie mit einem Muskel. Das Gute: Wir alle haben diesen Muskel. Die Herausforderung: Wir müssen etwas dafür tun, dass sich dieser Muskel auch ausbildet.
Deswegen sollten Unternehmen bewusst Räume und Möglichkeiten schaffen, in denen Mitarbeitende offen über ihre Gefühle, Probleme und Freuden im Alltag reden können. In denen Mitarbeitende sich wohlfühlen und gehört werden. In denen wir „Mensch“ als Ganzes sein dürfen, nicht nur Arbeitnehmende. In denen wir anerkennen, dass Emotionen keine Schwäche, sondern eine Stärke sind, die uns als Menschen zu dem macht, was wir sind. Warum diese Mühe investieren? Damit die Zufriedenheit und der Wohlfühlfaktor bei Mitarbeitenden steigt und sie langfristig im Unternehmen bleiben wollen.
Unsere Chance für die Zukunft: Motivierten Mitarbeitenden mehr Vertrauen und Möglichkeiten schenken
Eine allgemeine Tatsache in unserer Arbeitswelt: Abschlüsse und Qualifikationen öffnen Türen und bestimmen oft den Karriereweg. Einen wichtigen Gedanken – gerade in Zeiten des Arbeitskräftemangels – gibt ebenfalls Magdalena Rogl mit auf den Weg: Etwas weniger auf Abschlüsse sowie vorhandene Qualifikationen schauen und etwas mehr auf die Motivation, die Mitarbeitende mitbringen.
Brennen Mitarbeitende für bestimmte Themen und haben sie richtig Lust, sich mit diesen zu beschäftigen? Dann gebt ihnen eine Chance und schenkt Vertrauen. Denn Motivation, Interesse und Mut sind das beste Rezept, um etwas Großartiges zu erschaffen. Das beste Beispiel ist hierfür Magdalena Rogl selbst. Sie war einst Erziehern, hat ihren Weg u. a. zu Microsoft gefunden und ist zudem gefragte Speakerin und Autorin.
Das Beispiel Gothaer: Vorurteile gegenüber einer Branche können in Chancen umgewandelt werden
Der Case der Gothaer zeigt, wie ein Unternehmen aus der an sich eher unsexy wirkenden Versicherungsbranche zu einem Arbeitgeber werden kann, der auffällt und Interesse weckt. Was hierfür notwendig war, erklärte Alex Hohaus in seinem Vortrag. Und man merkt schnell: Der Erfolg kam nicht von allein. Dahinter stecken viele Analysen, Mitarbeiterbefragungen und eine Strategie. Kurz gesagt: ein Haufen Arbeit. Aber eine, die sich auszahlt, wie Alex Hohaus bspw. mit dem Fakt untermauerte, dass sich Interessenten derzeit 11 Minuten lang auf der Karriere-Website der Gothaer aufhalten.
Wie konnten außerdem Mitarbeitende zum Mitmachen begeistert werden? Indem ein Bildformat ausgewählt wurde, mit dem sich fast jeder auskennt und wohlfühlt: das Selfieformat. Indem das Team um Alex Hohaus als Vorbilder vorangingen und die ersten waren, die sich für die Selfies bereitstellten. Indem Mitarbeitenden aktiv Möglichkeiten gegeben wurden, sich einzubringen. Zum Beispiel durch das Verteilen von Gothaer-Fotorequisiten und der Aufforderung, Fotos auf Social Media zu posten, oder durch das zur Verfügung stellen von Gothaer-Headergrafiken für LinkedIn. Ein gelungenes Beispiel dafür, wie Mitarbeitende gewonnen werden können und auf diese Weise die Arbeitgebermarke mit Leben gefüllt wird.
Die TikTok-Devise: Einfach mal machen
Begeisternd und mit einer Prise Humor stellte Rainer Grill uns den Weg zum großen TikTok-Erfolg von Ziehl Abegg vor. Eins wird schnell deutlich: Man darf sich auf dieser Plattform selbst nicht zu ernst nehmen. Und als gutes Beispiel geht hier Rainer Grill, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Ziehl Abegg, voran, der auch gut mal über sich selbst lachen kann und dabei sein Publikum mitreißt. Bei TikTok geht es darum, einfach mal auszuprobieren, etwas Neues zu wagen, dabei Spaß zu haben und gerade zu Anfang nicht nur auf Klickzahlen, Views und Likes zu schauen.
Es braucht Personen, die gute Content-Ideen haben und Lust mitbringen, sich mit TikTok zu beschäftigen. Wichtig ist es, freie Hand zu lassen und Vertrauen zu schenken – selbst, wenn „[m]an denkt, dieses Video hat keinen Sinn“, laut Rainer Grill. Aber es funktioniert, weil es halt ein Trend ist. Was nicht in die Videos gehört: Produktwerbung und Firmenlogos – diese führen nämlich zum sofortigen Swipen der Nutzenden.
Nutzenden, die nicht nur aus tanzenden 15-Jährigen bestehen, sondern zu 75 % aus über 20-Jährigen, wie eine Statistik von media by nature zeigt. Alles in allem ist Ziehl Abegg ein wunderbarer Beweis dafür, dass man auch mit kleinem Budget große Erfolge erzielen kann. Eine echte Ermutigung für alle KMUs, die nicht das Budget eines Konzerns im Rücken haben. Gerne mal einen Blick riskieren: TikTok-Kanal der Ziehl Abegg.
Was Arbeitgebermarken brauchen: Weniger schöne Worte und mehr gelebte Realität
Ein Vortrag, der absolut zum Denken anregt und uns unsere Verantwortung aufzeigt: Das war für mich der Vortrag von Anna Tomfeah vom Weltethos-Institut. Zurückgehend auf Aristoteles und sein Werk zur Rhetorik zeigte uns Anna Tomfeah, wie wichtig es ist, Versprechungen, die in schönen und blumigen Worten gegeben werden, auch tatsächlich einzulösen.
Wo liegt unser Fokus in der HR-Welt? Geht es uns nur darum, möglichst viele Bewerbende durch ein erfolgreiches Personalmarketing anzulocken? Und greift man ggf. auch zwischendurch mal auf Versprechungen zurück, die so nicht ganz den Tatsachen entsprechen? Oder verstehen wir, wie wichtig es ist, bereits bestehende Mitarbeitende durch eine wertschätzende und verständnisvolle Unternehmenskultur zu binden?
Das hier noch ein Mangel herrscht, zeigt eine Übersicht von Harbinger Consulting aus dem Jahr 2022: Ein Hauptkündigungsgrund von Mitarbeitenden liegt immer noch in der mangelnden Wertschätzung. Es wird deutlich, dass ein Gap entstanden ist zwischen unseren Versprechungen und der tatsächlich gelebten Kultur. Deswegen der Appell: Etwas weniger Energie in den schönen Anstrich zu stecken, aber dafür umso mehr in unsere tatsächlich gelebten Unternehmenskulturen. Denn das wahre Qualitätskriterium unserer Arbeitgebermarke ist doch dieses: Wie lange unsere Mitarbeitenden in unserem Unternehmen bleiben.
Was uns bewegt und begeistert, treibt uns an
Das waren sie, die Denkanstöße, die ich gerne mitgeben möchte. Sicherlich nicht im vollen Umfang der Gravity. Schließlich sollte der Blogbeitrag nicht unendlich lang werden 😊. Aber mit kleinen Einblicken, die vielleicht motivieren, sich mit dem Gelesenen näher auseinanderzusetzen und nachzuforschen.
Na, haben Sie sich an der einen oder anderen Stelle wiedergefunden? Wo sind Ihre Stärken und wo sehen Sie Nachholbedarf – vielleicht sogar im eigenen Umfeld oder auch generell? Welche Steps stehen bevor? Eines ist klar: Jede Erkenntnis und jeder Schritt, der uns voranbringt, ist Gold wert.
Titelbild und Beitragsbilder: © private Aufnahmen
Hinweis: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in einzelnen Fällen auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter.
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