Fachkräfte sichern: Warum Mitarbeiterbindung so wichtig ist
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Mitarbeiterbindung ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen für Unternehmen, speziell für das HR-Management. Denn qualifizierte Mitarbeiter entscheiden über den Erfolg eines Unternehmens. Aber was entscheidet eigentlich darüber, inwiefern Mitarbeiter einem Unternehmen möglichst auf Dauer positiv und loyal gegenüberstehen? Und inwiefern wirkt sich eine fehlende Mitarbeiterbindung schlecht auf das Unternehmen aus? Wichtige Anhaltspunkte gibt der Gallup Engagement Index 2018.
Knapp 85 % machen Dienst nach Vorschrift oder haben innerlich gekündigt
Erschreckenderweise fühlen sich nur 15 % der deutschen Arbeitnehmer emotional mit dem Arbeitgeber verbunden. Hochgerechnet auf die Arbeitnehmerschaft reden wir also von 5,5 Millionen Personen. Der Rest macht allenfalls Dienst nach Vorschrift (71 %) oder hat bereits innerlich gekündigt (14 %). Angesichts dieser Zahlen sollten die Herzen von Employer-Branding-Managern und Personalverantwortlichen bluten.
Ganz offensichtlich mangelt es in der Breite noch immer an glaubwürdigen Arbeitgebermarken, die die Mitarbeiterbindung stärken. Und im Zuge der Entwicklung wichtige Denkanstöße zu erforderlichen Verhaltens- sowie organisationsstrukturellen Veränderungen geben. Längst zählt Employer Branding nicht mehr zu den topaktuellen Trendthemen im Bereich HR. Doch der Nachholbedarf scheint groß zu sein.
Zugegebenermaßen überzeugen Zahlen häufig mehr als warme Worte. Auf bis zu 103 Milliarden Euro pro Jahr soll sich der volkswirtschaftliche Schaden belaufen, der durch die innere Kündigung von Mitarbeitern verursacht wird [gemäß Gallup-Pressemitteilung vom 29. August 2018]. Fakt ist: Fehlende Mitarbeiterbindung führt zu Mehrkosten. Diese lassen sich unter anderem auf überdurchschnittlich viele Fehltage oder eine unzureichende Arbeitsqualität zurückführen. Dazu aber später mehr.
Welche Faktoren haben den größten Einfluss auf die Mitarbeiterbindung?
Was sind nun aber Faktoren, die sich positiv auf die Mitarbeiterbindung auswirken? Sprich, wo kann angesetzt werden, um das Vertrauen und die Loyalität der Mitarbeiter zu intensivieren?
Führungskräfte, die auf Mitarbeiter eingehen und motivieren
Gute Arbeitgebermarken werden durch Markenbotschafter gestärkt. Zum Markenbotschafter werden in der Regel Personen, die sich tatsächlich stark emotional mit dem Unternehmen verbunden fühlen. Großen Einfluss darauf haben die direkten Führungskräfte. Sie sind in der Verantwortung, Mitarbeiter zu motivieren, zu befähigen und zu fördern.
„Führungskräfte müssen sich bewusst sein, dass sie diejenigen sind, die durch ihr Verhalten einen erheblichen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Denn emotionale Bindung wird im unmittelbaren Arbeitsumfeld erzeugt. Der direkte Vorgesetzte ist dabei das A und O – das gilt in allen Unternehmen, unabhängig davon, in welchem Stadium des Unternehmenswandels sie sich befinden. Auch in Zukunft braucht es Führungskräfte, die in der Lage sind, die emotionalen Bedürfnisse der Mitarbeiter zu erfüllen und sie zu motivieren, das Beste aus sich herauszuholen. Dann sind Unternehmen auch am Markt erfolgreich“, so Marco Nink, Regional Lead, Research & Analytics Europe bei Gallup.
Allerdings scheint hier noch viel Luft nach oben zu sein. Denn nur jeder fünfte der befragten Arbeitnehmer gibt an, ausreichend Unterstützung und Motivation zu erhalten, die ihn zu Bestleistung anspornen. Die Umfrageergebnisse zeigen zugleich, wie groß die Wechselwirkung in diesem Kontext ist. Je intensiver die emotionale Bindung zum Unternehmen ist, desto besser wird die erlebte Führung bewertet. Personen, die bereits innerlich gekündigt haben, sehen sich dahingehend so gut wie gar nicht (3 %) gefördert. Im Gegenteil: Sie geben an, dass Führungskräfte ihre emotionalen Bedürfnisse übersehen.
Agilität wirkt sich positiv auf die Mitarbeiterbindung aus
Mehr Handlungsspielraum, größere Eigenständigkeit, bessere Zusammenarbeit und Mut für Neues – das sind Faktoren, die Mitarbeitern wichtig sind und zugleich auf die Agilität der Unternehmen einzahlen. Agilität ist längst viel mehr als nur ein Buzzword der vergangenen Jahre. Mitarbeiter und Unternehmen befürworten agile Organisationsstrukturen. Dabei sind sie nicht nur wichtiger Wettbewerbsfaktor, sondern auch in Hinblick auf die Mitarbeiterbindung entscheidend.
Agilität bedeutet, Mitarbeiter mehr einzubeziehen durch
- die Übergabe von Verantwortung
- die Selbstorganisation in und von Teams
- aktiven Informations-, Wissens- und Ideenaustausch
- eine offenere Kommunikationskultur über alle Ebenen hinweg
- die Etablierung einer toleranten Fehlerkultur
Damit werden Entscheidungen wie Handlungen transparenter und nachvollziehbarer. Das stärkt das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen und dessen Zukunftsfähigkeit. Belohnt wird dies durch eine stärkere emotionale Bindung zum Unternehmen. 43 % der Befragten aus agil bewerteten Unternehmen fühlen sich diesem positiv verpflichtet. Bei nicht-agilen Organisationen sind es gerade mal 6 %.
Was passiert bei fehlender Mitarbeiterbindung?
Wer vorschnell urteilt, möchte meinen, dass Personen mit fehlender Bindung vor allem unzufrieden seien. Ergo: Personen mit einer hohen emotionalen Bindung sind besonders zufriedene Arbeitnehmer. In vielen Fällen mag das sicherlich auch zutreffen. Aber grundsätzlich kann eben auch ein gleichgültiger Mitarbeiter sehr zufrieden in seinem Job sein. Ob diese Gleichgültigkeit ihn zur Spitzenform veranlasst, das sei dahingestellt. Dennoch sind Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung per se nicht synonym zu deuten.
Fehlende Mitarbeiterbindung kennzeichnet sich vor allem durch folgende Merkmale:
- eine geringere Motivation sowie Eigeninitiative
- eine schlechtere Arbeitsqualität und fehlendes Verantwortungsbewusstsein
- überdurchschnittlich viele Krankheitsmeldungen
- eine höhere Wechselbereitschaft
Es zeigt sich noch mal sehr deutlich, dass eine fehlende Mitarbeiterbindung durchaus unterschiedliche Auswirkungen hat. Über kurz oder lang machen sich aber alle monetär bemerkbar. Inklusive der Kosten für die Nachbesetzung der Positionen und die Kosten für die unbesetzten Stellen. Denn ein Arbeitgeberwechsel schmerzt Arbeitnehmern mit geringer oder ohne Bindung kaum. Beziehungsweise ist sogar durchaus erwünscht. Da dürften wiederum Recruiter hellhörig werden, die auf der Suche nach High Potentials sind. Denn entsprechend verfügbare Talente sind gemäß der Gallup-Studie durchaus zahlreich vorhanden.
Weihnachtszeit = Besinnungszeit
Gerade die Weihnachtszeit und der Jahreswechsel werden gerne zum Anlass genommen, einen Jahresrückblick zu wagen. Oder eine persönliche Bilanz zu ziehen – auch beruflich. Womöglich werden einige Fachkräfte ihre Bindung zum Unternehmen auf den Prüfstand stellen. Möglicherweise werden HRler überlegen, was besonders gut läuft oder besser laufen könnte. Auch das Thema Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung darf in diesem Kontext gerne beleuchtet werden.
Und wenn Sie hier bereits optimal aufgestellt sind, können Sie sich aufs Recruiting konzentrieren. Offenbar gibt es ausreichend Kandidaten auf der Suche nach starken Unternehmen, die Handlungsspielräume und Eigenständigkeit bieten sowie den Mut für Neues zulassen.
Autorin: Tina Schwarze
Titelbild: Unsplash: © Hannah wei
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