Arbeiten bei der Kindernothilfe: Bei uns geht‘s jeden Tag um mehr! Interview mit Janina Menzer und Meike Jürgensen
Arbeiten bei der Kindernothilfe – was bedeutet das eigentlich genau? Wofür steht die Kindernothilfe als Arbeitgeber? Genau diese Fragen hat sich die Non-Profit-Organisation gestellt, um herauszufinden, was sie als Arbeitgeber besonders und einzigartig macht. Denn das Fundament jeder guten Zusammenarbeit sind Werte und Ziele, für die man gemeinsam einstehen möchte, um motiviert und entschlossen voranzukommen.
In einer Projektgruppe wurde daher die sog. Employer Value Proposition (kurz: EVP, auch: Arbeitgeberversprechen) entwickelt, um die Werte und Eigenschaften im Zuge der Arbeitgeberkommunikation anschaulich sowie authentisch zu vermitteln. Wir haben Janina Menzer, Manager Talent Acquisition bei der Kindernothilfe, und Meike Jürgensen, vormals Projektmanagerin Employer Branding bei WESTPRESS, gebeten, uns im Interview etwas mehr über das Projekt, dessen Hintergründe und Umsetzung zu erzählen.
Liebe Janina, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst und uns Einblicke gewährst. Vielleicht magst du uns zu Anfang kurz die Ausgangssituation skizzieren. Was ist bzw. war die Herausforderung der Kindernothilfe und der Anlass, das Projekt (Entwicklung einer EVP) anzustoßen?
Unser Ziel war es, die Werte und Kultur unserer Organisation deutlicher und einprägsamer nach außen zu kommunizieren. Wir wollten herausstellen, welche Merkmale uns besonders machen und inwiefern wir uns dabei von anderen NPOs abgrenzen. Die erarbeitete EVP soll uns helfen, gezielt jene Menschen anzusprechen, die unsere Ziele sowie Werte teilen und als Mitarbeitende voller Überzeugung für die Kindernothilfe tätig sein möchten. Diese Botschaft sollte sich dann auf diversen Kanälen unter anderem auf unserer Karriereseite und in unseren Stellenanzeigen wiederfinden.
Was war euch als Kindernothilfe in dem Zuge besonders wichtig?
Wir wollten, dass die EVP authentisch und echt ist. So wie wir sind – in unserer Kommunikation und in unserem Handeln. Wir möchten Bewerbenden nichts vorspielen oder versprechen, was wir nicht halten können. Transparenz nach außen ist uns generell wichtig.
Gewisse Stärken oder Game Changer, etwa unsere sinnhafte Tätigkeit, konnten wir im Vorfeld des Projektes schon in etwa benennen. Allerdings wussten wir damals noch nicht so genau, wie wir diese kommunikationsstark nach außen transportieren können.
Dafür war ein strategischer Partner, der einen objektiven, analytischen Blick mitbrachte und uns ebenso bei der Formulierung der Botschaften und Claims unterstützen konnte, sehr hilfreich.
Da kommst du ins Spiel, Meike 😊 Du hast bei WESTPRESS das Projekt betreut und begleitet. Was waren aus deiner Sicht Besonderheiten?
Janina hat es gerade schon gut zusammengefasst. Die Kindernothilfe zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Mitarbeitenden zu 100 % hinter den Werten stehen und sich mit vollem Einsatz engagieren. Das ist ein Aspekt, der sich unbedingt auch im Recruiting wiederfinden sollte, um gleich die passenden KandidatInnen anzusprechen.
Durch die Entwicklung der EVP und der entsprechenden Botschaften, die die gelebte Kultur und die gemeinsamen Wertvorstellungen auf den Punkt bringen, haben wir ein Identifikationsangebot ausgearbeitet. Vor allem für Talente, die die Kindernothilfe langfristig unterstützen möchten.
Als Non-Profit-Organisation finanziert sich die Kindernothilfe durch Spenden, welche der Unterstützung von Kindern zugutekommen. Das Projekt haben wir demgemäß mit einem vergleichsweise schmalen Budget geplant. Deswegen haben wir uns bewusst auf ausgewählte Leistungen konzentriert. Ein ganzheitlicher Employer-Branding-Prozess inklusive einer kostenintensiven Kampagne und diversen Maßnahmen war in der Form nicht möglich.
Wie wurde die Employer Value Proposition für die Kindernothilfe entwickelt? In welchen Schritten seid ihr vorgegangen, Meike?
Im ersten Schritt haben wir eine Analyse durchgeführt. Dazu gehörte beispielsweise, dass wir uns einen Überblick über die bestehende Kommunikation der Kindernothilfe als Arbeitgeber gemacht haben. Es wurden die Website, Flyer, Social-Media-Profile und diverse Dokumente zur Corporate Identity sowie das Corporate Design gesichtet. Zusätzlich haben wir uns die vergangene Mitarbeiterbefragung zum Thema Kultur angesehen. Zur Analysephase gehört außerdem, den Wettbewerb zu prüfen. Insofern haben wir weitere Non-Profit-Organisationen unter die Lupe genommen, um etwa kommunikative Überschneidungen zu vermeiden.
In einem großen Workshop mit dem Projektteam, VertreterInnen des Vorstands und verschiedenen Mitarbeitendengruppen ging es dann darum, ein gemeinsames Verständnis für das Projekt zu schaffen, die Ergebnisse der Analysen zu diskutieren und weiteren Input zur Kindernothilfe als Arbeitgeber zu generieren. Ziel war es, die Stärken und Schwächen sowie die elementaren Bestandteile der Organisationskultur zu identifizieren. Ergänzend wollten wir detaillierte Informationen zu den Wünschen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden sammeln.
In einem Wertefundament haben wir sodann die zentralen Erkenntnisse und gelebten Werte festgehalten und in enger Abstimmung mit dem Projektteam in der EVP „Bei uns geht’s jeden Tag um mehr. Arbeiten bei der Kindernothilfe.“ festgehalten. Mithilfe weiterer Botschaften wird im Detail auf einzelne Werte eingegangen und beschrieben, inwiefern diese für die Arbeit bei der Kindernothilfe von Bedeutung sind.
Janina, wie wird die EVP aktuell in die Arbeitgeberkommunikation eingebettet? Welche Maßnahmen sind weiterhin geplant?
Aktuell platzieren wir die Employer Value Proposition an einigen zentralen Touchpoints, etwa auf unserer Karriereseite. Hier gehen wir konkret darauf ein, warum es bei uns täglich um mehr geht und wie wir dies erreichen. Und ebenso, was Mitarbeitende erwarten dürfen, wenn sie Teil unserer Organisation werden.
Viele KandidatInnen haben erstmalig Kontakt mit uns als Arbeitgeber über Stellenanzeigen oder durch Arbeitgeberprofile auf Jobbörsen. Deswegen findet sich die EVP ebenfalls dort wieder.
Zukünftig soll es noch etwas ganzheitlicher gedacht werden. Das heißt, wir werden unsere Werte stärker über diverse Kanäle kommunizieren, z. B. auch in den Vorstellungsgesprächen. Ebenso ist es uns wichtig, dass die EVP beispielsweise auf Messen und Events, bei denen wir uns als Arbeitgeber präsentieren, mehr zur Geltung kommen wird.
Eine Frage möchte ich gerne abschließend an euch beide stellen: Welche Tipps habt ihr für andere Unternehmen, die eine EVP bzw. das Arbeitgeberversprechen ausarbeiten möchten? Janina, magst du noch mal beginnen?
Wichtig ist, dass alle Mitarbeitenden aus den verschiedenen Bereichen in den EVP-Entwicklungsprozess involviert sind, um im Anschluss ein Ergebnis zu erreichen, mit dem sich alle identifizieren können.
Die Erwartungshaltung sollte sein, sich auf vorhandene Werte und die eigene Organisationskultur zu fokussieren und dabei kein festgefahrenes, steifes Ziel zu verfolgen. Nur so kann eine gute und authentische EVP entstehen. Nicht zu unterschätzen ist der Faktor Zeit. Es braucht die Bereitschaft, sich diese zu nehmen und gegebenenfalls auch Unterstützung von extern zuzulassen.
Meike, welche Tipps hast du aus Agentursicht?
Zugegeben: Mitarbeitenden eines Unternehmens, für welches ein Arbeitgeberversprechen bzw. eine EVP formuliert werden soll, fällt es häufig schwer, genau die Punkte klar zu benennen, die den Arbeitgeber besonders machen. Diese Herausforderung nimmt zu, je länger man bereits Teil des Unternehmens ist. In diesem Fall empfiehlt es sich, einen unabhängigen Partner hinzuzunehmen, der einen unvoreingenommenen Blick hat und dem diese Besonderheiten direkt ins Auge fallen.
Wichtig ist außerdem, mit der Belegschaft in engem Austausch zu stehen und verschiedene Meinungen einzuholen bzw. aufzunehmen. Neben der Frage, wie es ist, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, und wie die Unternehmenskultur aussieht, kann die Frage hilfreich sein, wie man denn sein möchte und auf welches Ziel man gemeinsam mit den KollegInnen hinarbeitet. Durch Aussagen zur Perspektive kann die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen als Arbeitgeber nochmals gestärkt werden.
Ihr beiden, das war sehr anschaulich und aufschlussreich. Vielen, lieben Dank für eure Insights!
Interview-Partnerin: Tina Schwarze
Titelbild: © Janina Menzer
Hinweis: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in einzelnen Fällen auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter.
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