Experience so weit das Auge reicht

Warum gibt es sie – diese Debatten zu Buzzwords wie Candidate Experience und Employee Experience? Warum ist es so wichtig, auf Erfahrungswerte und das individuelle Erleben eines Unternehmens, dessen Verhalten und dessen Werte einzugehen? Sind wir nicht Jahre ohne solche Diskussionen ausgekommen? Früher … ach ja, früher.
Das persönliche Mindset wird immer wichtiger
Früher ist man eben Tag für Tag zur Arbeit gegangen. 40 Jahre lang wartete im gleichen Betrieb der gleiche Job. Und dieser wurde abgeleistet. Weil es sich so gehörte, weil man es so gewohnt war. Selten wurde dies tiefgründig in Frage gestellt. Schließlich gehörten Dinge, wie Selbstverwirklichung/-bestimmung, Sinnhaftigkeit und etwaige Ideale allenfalls in die arbeitsfreie Zeit.
Letztens las ich einen klugen Satz, der ziemlich treffend den Grund für einige wichtige, aktuelle HR-Diskurse erklärt: „Das persönliche Mindset der Bewerber wird immer wichtiger.“ Obgleich der Satz schon sehr zutreffend ist, würde ich die Aussage noch gerne etwas ausweiten: Das persönliche Mindset von bestehenden und zukünftigen Mitarbeitern steigt in der Relevanz gleichermaßen.
Arbeitgeber: Chancengeber und Wegbereiter
Insofern reden wir natürlich neben der Candidate auch von der Employee Experience. Wie gesagt, wir alle machen so unsere Erfahrungen: künftige genauso wie bestehende Mitarbeiter. Und es gibt jene, die diese entscheidend beeinflussen können, zumindest beim Jobeinstieg und als Ansprechpartner für die Belegschaft: positiv wie negativ. Als Personalverantwortliche steht man maßgeblich in der Verantwortung.
Sie können Prozesse mitgestalten oder initiieren. Hürden beseitigen und Wege ebnen. Schließlich ist das „Altbewährte“ nicht immer der Wahrheit letzter Schluss, sondern auch vielfach Hemmnis für die Optimierung von Prozessen. Profitieren Sie von den Erfahrungen, die Personen im Umgang mit Ihrem Unternehmen sammeln, und werten auch Kritik als echte Chance, sich anders oder gar besser aufzustellen.
Arbeitnehmer: Individualisten und Wissbegierige
Nicht jeder einzelne Wunsch ist immer realisierbar. Es gilt zu schauen, was sich sinnvoll umsetzen lässt und gemeinhin Akzeptanz findet. Und bedenken Sie bitte auch eines: Bedürfnisse und Mitarbeiterwünsche ändern sich, unterscheiden sich nach Altersstrukturen, Unternehmen, Regionen/Ländern etc. Diesbezüglich jeweils differenziert und angemessen zu reagieren, ist bisweilen ein kleiner Balanceakt, der gemeistert werden will.
Dass viele (insbesondere jüngere) Mitarbeiter trotz aller Bemühungen, Empathie und großem Verständnis nicht 40 Jahre in Ihrem Unternehmen bleiben, liegt vielleicht gar nicht so sehr an Ihnen als Chancengeber. Die nunmehr nachrückenden Arbeitnehmer haben eine alternative Auffassung von respektive ein alternatives Verhältnis zu Ihrem Arbeitgeber. Die persönliche Entwicklung und damit einhergehend die kontinuierliche Erweiterung des (beruflichen/fachlichen) Horizontes – durch ein neues Arbeitsverhältnis – stehen vielfach im Vordergrund.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Candidate oder Employee Experience an Bedeutung einbüßen. (Frei nach dem Motto: „Wir können sie ohnehin nicht dauerhaft halten.“) Im Gegenteil, denn im ersten Schritt müssen Sie erst mal hochqualifizierte, neugierige und wechselbereite Kandidaten von sich überzeugen und diese im zweiten Schritt für einen Zeitraum X begeistern. Und wer sagt, dass nicht der eine oder andere doch aufgrund guter Erfahrungen und großer Wertschätzung Ihrem Unternehmen (länger als geplant) die Treue hält.
Autorin: Tina Kalthöfer
Titelbild: © olly / Fotolia
Kommentare