Wie wird man zu einem der beliebtesten Startup-Arbeitgeber Deutschlands? Ein Interview mit Alex Giesecke und Alex Powell von Simpleclub
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In einer Zeit, in der Unternehmen immer schwieriger Nachwuchskräfte finden, hat das Startup Simpleclub die Anzahl seiner Mitarbeitenden in nur einem Jahr nahezu verfünffacht. Zudem wurde das junge Unternehmen kürzlich von Business Punk und Statista zum besten Startup-Arbeitgeber in der Kategorie Education gekürt. Was macht Simpleclub also so besonders beziehungsweise so besonders gut? Wie lautet die Erfolgsformel, um junge Talente zu begeistern und zu gewinnen – und zwar deutlich besser, als es anderen Unternehmen derzeit gelingt?
Alex Giesecke, Mitgründer und Geschäftsführer von simpleclub, und Alex Powell, Vice President Partnerships und Sales, haben sich einen Moment Zeit für uns genommen und uns erklärt, was ihr Unternehmen – vor allem auch als Arbeitgeber – für Young Talents und Young Professionals außergewöhnlich macht.
Simpleclub: Lernen neu gedacht
Wenn Sie Kinder auf weiterführenden Schulen haben oder selbst noch in den Zwanzigern sind, kennen Sie Simpleclub garantiert. Die Gründer Alex Giesecke und Nicolai Schork erkennen bereits in ihrer Oberstufenzeit, dass immer mehr MitschülerInnen via YouTube nach Erklärungen zum Lernstoff suchen. Sie starten den YouTube-Kanal TheSimpleMaths: Nachhilfe neu gedacht – nämlich digital, flexibel zugänglich, ungekünstelt – von der Zielgruppe für die Zielgruppe. Später kommen weitere Kanäle hinzu, etwa TheSimpleBiology, TheSimpleEconomics oder TheSimpleHistory. In ihrer Studienzeit haben Alex und Nico derart mit die größten Nachhilfekanäle auf YouTube aufgebaut: mit 3 Millionen Abonnenten und ½ Milliarden Videoaufrufen.
2016 steht für Alex und Nico allerdings fest: Die Zukunft der Bildung darf nicht allein auf einer Unterhaltungsplattform stattfinden. Sie möchten die Art und Weise des Lernens generell verändern. So entsteht die erste Version der E-Learning-Plattform, die den Grundstein für die heutige Lernapp legt. Simpleclub begleitet inzwischen monatlich 2 Millionen NutzerInnen, darunter SchülerInnen von der 5. bis zu 13. Klasse. Hinzukommen Azubis und dual Studierende. Denn Simpleclub hat in Zusammenarbeit mit Unternehmen begonnen, Ausbildungsinhalte zu digitalisieren.
Was zeichnet Simpleclub als Arbeitgeber aus?
Eine klare Vision: Build the future of education
Die Nachfrage nach digitalen Lerninhalten ist vor allem in Zeiten der Pandemie und den einhergehenden Schulschließungen enorm gestiegen. Übrigens nicht nur bei Lernenden. Simpleclub wird nunmehr auch von Lehrkräften verwendet. Um der Nachfrage und den Bedürfnissen gerecht zu werden, ist das Unternehmen in nur einem Jahr von 25 auf über 120 Mitarbeitende gewachsen. Geplant sind weitere Stellen – im ersten Quartal 2022 soll das Team bis auf 200 Personen erweitert werden.
Alle treibt eine klare Vision an: Build the future of education. Alex Powell spricht aus eigener Erfahrung: Ihm gehe es darum, an etwas mitzuarbeiten, was nachhaltig wirke und Mehrwerte schaffe – sogar für mehrere Millionen Menschen. Er verstehe sich als Teil bzw. Mitglied einer Bildungsrevolution. Vision und Mission dürften keineswegs nur hohlen Floskeln sein, betont Alex Giesecke nachdrücklich. Das sei bei etlichen Unternehmen noch viel zu häufig der Fall und ginge zulasten der Identifikation.
Ein nachhaltiges Geschäftsmodell und das passende Mindset
Für zukünftige Talente gehöre ein stabiles, auf Langfristigkeit ausgelegtes Geschäftsmodell zur Grundvoraussetzung, sich für ein Startup als Arbeitgeber zu entscheiden. Da ist sich Alex Giesecke, Mitgründer und Geschäftsführer von simpleclub, sicher. Insbesondere seniorigen Bewerbenden sei das Mindset der Gründer wichtig: Geht es primär darum, das Unternehmen schnell zu skalieren, um es dann zu verkaufen? Oder bieten sich auch langfristig Perspektiven über die Startup-Phase hinaus? Hier wünschen sich Talente Klarheit, um zu wissen, worauf sie sich einlassen.
Im Fokus: Die Entwicklung der Mitarbeitenden
Jeder Mitarbeitende müsse für sich den perfekten Weg finden. Dazu gehöre es, dass man ihnen aufmerksam zuhöre, Bedürfnisse und Bedarfe identifiziere, ihnen die Möglichkeit gebe, sich auszuprobieren. Gerade für jüngere Teammitglieder, die noch nicht ganz genau wüssten, wo sie hinmöchten, sei das sehr wertvoll, führt Alex Powell aus. Und eines sei vielen deutlich wichtiger, als möglichst schnell die Karriereleiter zu erklimmen: auf eine gemeinsame Reise zu gehen.
Potenzial toppt Berufserfahrung
Doch wie entscheidet Simpleclub bei Talenten, die frisch von der Uni kommen, über deren Eignung? Für Alex Giesecke ist von Relevanz, dass Bewerbende sich beispielsweise im Zuge der Hochschulausbildung besonders engagiert oder in Projekten stark gemacht und Verantwortung übernommen haben. Ausschlaggebend ist ebenso: Wie sehr glaubt die Person an die Vision von Simpleclub? Möchte sie ebenfalls etwas bewegen oder geht es allenfalls um die Aussicht auf Remote Work? Was können Bewerbende beitragen und was bekommen sie dafür – stimmen die jeweiligen Erwartungen überein?
Und dann, wenn die Leute an Bord seien, passiere das enorm Spannende, erzählt Alex Giesecke die Geschichte eines Kollegen. In kurzer Zeit sei dieser über sich hinausgewachsen und habe selbstständig mehr und mehr Verantwortung übernommen. Heute ist er in einer Führungsposition. Das Beispiel zeigt: Nicht der Lebenslauf oder die bisherige Erfahrung entscheidet darüber, wie gut jemand performt. Es ist vielmehr das Potenzial, das in den Talenten schlummert und erkannt werden muss.
Gehalt ist Teil der Lebensqualität
„Gute Leute sollten gut bezahlt werden“, ist Alex Powell überzeugt. „Das Gehalt ist Teil der Lebensqualität.“ Und so wird bei Simpleclub je Position/Rolle geschaut: Was zahlt der Markt, welchen Entwicklungsstand hat eine Person, was ist die Journey? „Wir möchten die besten Leute bekommen. Wir haben eine gute Mischung, eine geile Strategie, wir haben eine sehr gute Arbeitskultur, aber am Ende des Tages ist nun mal auch das Geld ein Faktor“, fährt Alex fort. „Die Leute sollen ein gutes Leben leben.“
Alex Giesecke ergänzt: Von Anfang an sei es ihr Ziel gewesen, dass sich niemand im Team Gedanken ums Geld machen müsse. „Es soll niemand ein Jobangebot annehmen müssen, weil das Gehalt so viel besser ist als bei uns, obwohl er eigentlich bei uns bleiben möchte.“ Schwierig sei es direkt zu Anfang, etwa bei den Engineers. Da sind Marktgehälter üblicherweise sehr hoch. Und so hat Simpleclub ganz offen kommuniziert, um Vertrauen gebeten, die Reise mit zu begleiten. Mit dem Versprechen, das Business so aufzubauen, bis ein vergleichbares Level erreicht ist. Und ja, es gäbe natürlich auch Wettbewerber, die immer noch etwas drauflegen könnten, weiß Alex Giesecke. Man müsse sich eben bewusst sein, wo und wie man sich einordnen könne.
Talente national und international rekrutieren
Simpleclub arbeitet komplett remote. Insofern können Talente aus ganz Deutschland und Europa eingestellt werden. Gerade wenn man Persönlichkeiten mit sehr spezifischen Skills suche, sei das enorm von Vorteil. Durch lokale Events werden der persönliche Kontakt und Austausch untereinander gefördert. Diese Zeiten, die gemeinsamen Erlebnisse seien von sehr hoher Qualität, weil sie so besonders seien, nimmt Alex Powell wahr.
Das Startup profitiert im Recruiting sehr von der Nähe zur Zielgruppe. Viele sehr junge Talente kennen das Unternehmen als NutzerInnen der App und bewerben sich. Young Professionals oder Personen mit etwas mehr Berufserfahrung, denen Simpleclub noch unbekannt ist, versucht das Startup beispielsweise über Content-Maßnahmen via LinkedIn zu erreichen. Logisch, dass auch Videos dabei sind: Unter #notyournormal9to5 stellt Grafikdesigner Tim seinen Workday vor.
Den Nerv der Zielgruppen treffen
Dabei ist eines für beide entscheidend: Nur die richtige Ansprache wird Erfolg bringen. Man müsse unbedingt auf Augenhöhe kommunizieren. Authentisch mit jungen Zielgruppen zu sprechen, heiße nicht, sich laienhaft am Jargon zu bedienen. Zwanghaft cool und jugendlich wirken zu wollen, ohne es zu sein, verfehle die Zielgruppe letztlich total.
Alex Powell fasst zum Ende des Interviews absolut treffend zusammen: Man kann noch so viel Geld und Zeit ins Personalmarketing und Recruiting stecken, wenn dann die Ausbildungs- und Entwicklungsqualität von Mitarbeitenden seit 30 Jahren unverändert ist, bringt das alles nichts.
Es müsse ein Umdenken stattfinden. Es brauche einen Rahmen, in denen Mitarbeitende gefördert und entwickelt werden könnten. Junge Talente möchten etwas bewegen und geführt werden – nicht mit der eisernen Faust, sondern mit aufrichtigem Interesse für sie. Und dass funktioniere bei Simpleclub immerhin so erfolgreich, dass es kaum Kündigungen gebe.
Wir sagen an dieser Stelle noch mal: Lieben Dank für das Interview, Alex Giesecke und Alex Powell!
Titelbild: © Alex Giesecke; Alex Powell
Hinweis: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in einzelnen Fällen auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter.
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