Barrierefreie Karriere-Website: So bauen Sie digitale Hürden ab

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Barrieren im Netz werden zumeist unwissentlich aufgebaut. Sie entstehen dadurch, dass im Rahmen der Konzeption und Gestaltung einer Website die spezifischen Bedürfnisse von Menschen nicht oder nur unzureichend bedacht werden. Infolgedessen können potenzielle InteressentInnen die Inhalte und Interaktionsmöglichkeiten eines Web-Angebots aufgrund von persönlichen oder technischen Einschränkungen nicht oder nur teilweise nutzen.
Erfreulicherweise nehmen die Sensibilität für das Thema und die Bemühungen zu, einen barrierefreien Zugang zu Internetseiten und für mobile Anwendungen zu realisieren. Unter anderem durch gesetzliche Vorgaben, die öffentliche Stellen schrittweise, jedoch spätestens bis zum 23. Juni 2021, dazu verpflichten.
Barrierefreiheit: Warum ist dies für Karriere-Websites wichtig?
Karriere-Websites werden idealerweise im Sinne einer optimalen Candidate Experience gestaltet. Das meint, dass Talente möglichst gute Erfahrungen sammeln, wenn sie über die Website mit einem Unternehmen in Kontakt treten.
Begünstigt wird dies, indem eine Karriere-Website sehr informativ, klar strukturiert, einfach und intuitiv zu bedienen ist. Die Möglichkeit zur Bewerbung sollte möglichst unkompliziert sein und AnsprechpartnerInnen für Rückfragen genannt werden.
Talente können aber nur dann gute Erfahrungen sammeln, wenn eine Karriere-Website barrierefrei konzipiert umgesetzt wurde. Das ist der Fall, wenn sie für alle BesucherInnen zugänglich und nutzbar ist – unabhängig von möglichen
- physischen und/oder psychischen Beeinträchtigungen
- technischen oder persönlichen Einschränkungen
Barrierefreie Karriere-Websites sind ein Angebot für Menschen mit und ohne Behinderungen. Ziel ist es, eine optimale Informations- und Kontaktmöglichkeit zu bieten – unabhängig von Hard- oder Software, Sprache oder physischen und kognitiven Fähigkeiten.
Barrierefreie Informationstechnik ist für öffentliche Stellen ein Muss
Für öffentliche Stellen des Bundes, z. B. Länder, Gemeinden oder juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, sofern diese im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht-gewerblicher Art wahrnehmen, gilt zudem die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) bzw. die korrespondierenden Landesverordnungen.
Dadurch sind sie verpflichtet, barrierefreie Angebote bereitzustellen sowie eine Erklärung, inwiefern ihre Webseiten und mobilen Anwendungen der Richtlinie entsprechen. Weiterhin haben sie auf nicht barrierefrei nutzbare Inhalte hinzuweisen und zu erklären, aus welchen Gründen dies der Fall ist und ob es gegebenenfalls andere Zugriffsmöglichkeiten gibt.
Was bedeutet barrierefreie Gestaltung?
Eine barrierefreie Gestaltung von (Karriere-)Websites folgt vier Prinzipien:
- Wahrnehmbarkeit: Bestandteile und Informationen der Website müssen den BenutzerInnen so präsentiert werden, dass sie diese wahrnehmen können.
- Bedienbarkeit: Die Bestandteile der Website und die Navigation innerhalb der Website müssen gut bedienbar sein.
- Verständlichkeit: Informationen und die Bedienung der Website müssen verständlich sein. Texte sollten in einer Sprache verfasst werden, die möglichst viele Menschen einfach erfassen können.
- Robustheit: Inhalte müssen robust genug sein, damit sie zuverlässig von einer großen Auswahl an Benutzeragenten einschließlich assistierender Techniken interpretiert werden können. Websites sollten so entwickelt werden, dass Menschen bei Bedarf Hilfsmittel, wie etwa Sprachausgaben, nutzen können.
Diese Prinzipien mögen auf den ersten Blick noch recht abstrakt wirken. Deswegen schauen wir uns an, was das konkret für die Gestaltung einer Seite bedeuten kann. Übrigens: Die nachstehenden Beispiele können Sie gerne für einen ersten Kurzcheck Ihrer Website nutzen.
Kurzcheck für Ihre Karriere-Website
1. Skalierbarkeit, Kontrastverhältnis und Responsivität
Um die Wahrnehmbarkeit der Website zu erhöhen, sollten beispielsweise Schriftgrößen und Bereiche skalierbar sein. Wird die Ansicht der Website mittels Browser vergrößert, sind die Inhalte der Seite weiterhin gut les- und nutzbar. Das kann für ältere Menschen sowie Personen mit Sehbehinderungen förderlich sein.
Ebenso helfen kontrastreiche Gestaltungen. Übrigens auch bei der Nutzung von mobilen Endgeräten: Wer kennt nicht die unglückliche Kombination aus direkter Sonneneinstrahlung und wenig kontrastreichen Websites? Dass die Seite für die einwandfreie Ansicht auf mobilen Endgeräten responsiv sein muss, sollte heute gang und gäbe sein.
2. Bildbeschreibungen / Alternativtexte
Bei der Auswahl von Bildmotiven zur digitalen Nutzung sind Ihnen vielleicht schon mal sogenannte Alternativtexte begegnet. Alternativtexte sind Bildbeschreibungen, die blinden Menschen helfen, das Dargestellte per Screenreader zu erfassen. Sie helfen aber auch im Allgemeinen, falls Bilder oder Grafiken einmal nicht angezeigt werden können.
3. Untertitel
Videos sind beliebt. Sie machen eine Website lebendig und anschaulich. Damit alle NutzerInnen Inhalte mit Ton verstehen können, sind Untertitel notwendig – etwa für schwerhörige Personen oder Gehörlose. Zugleich können Untertitel Sprachbarrieren reduzieren, wenn etwa ProtagonistInnen mit Dialekt, Akzent oder eine Fremdsprache sprechen.
Untertitel sind ebenfalls für mobile InternetnutzerInnen hilfreich. Um Störgeräusche für das Umfeld zu vermeiden, werden Videos häufig stummgeschaltet. Durch Untertitel lassen sich Videos dennoch komfortabel konsumieren.
4. Navigation und Schaltflächen
Viele NutzerInnen sind es gewohnt, per Maus zu navigieren. Doch nicht jede Person kann eine Maus bedienen. Für blinde Menschen oder NutzerInnen mit motorischen Einschränkungen ist eine Tastaturbedienbarkeit erforderlich. Insofern sollte gewährleistet sein, dass sich die Website in beiderlei Weise bedienen lässt.
Achten Sie prinzipiell darauf, dass sich InteressentInnen gut zurechtfinden können. Etwa durch ein übersichtliches Menü und eine Suchfunktion. Die Hauptnavigation sowie die Schaltflächen/Buttons sollten derart gestaltet sein, dass sie bei der mobilen Nutzung gut funktionieren und von Personen mit motorischen Einschränkungen ausgewählt werden können.
5. Leichte Sprache
Im Idealfall sind die Inhalte Ihrer Karriere-Website sehr gut verständlich – und zwar für alle BesucherInnen. Verwenden Sie daher
- bekannte, anschauliche Wörter
- kurze Sätze
- Ziffern, um Zahlen zu nennen
- eine folgerichtige Satzstruktur
- eine nachvollziehbare Textstruktur und -gliederung
Vermeiden Sie nach Möglichkeit
- komplexe Satzstrukturen
- Fremdwörter oder erklären Sie diese
- Abkürzungen und Akronyme oder Sie geben ihre Bedeutung an
- Nominalisierung
- Redewendungen und bildliche Sprache
- Füllwörter und Phrasen
Gerade im beruflichen Kontext verwenden wir häufig (technische) Fachbegriffe. Weil es gängige Begriffe bzw. Bezeichnungen in der Branche oder im Fachbereich sind. Sie ermöglichen uns eine präzise, differenzierte Kommunikation. Zu überprüfen ist, ob und wie diese notwendigerweise für die Karriere-Website Verwendung finden müssen.
Zweifelsohne ist die Karriere-Website primär für die Zielgruppen gedacht, denen dieses Fachvokabular nicht unbekannt sein dürfte. Im Sinne einer barrierefreien Seite darf gerne über Alternativen nachgedacht werden, denn
- assistierende Software bzw. Techniken können (technische) Fachbegriffe nicht immer bestimmen.
- durch „Leichte Sprache“ reduzieren sich Verständnisprobleme für NichtmuttersprachlerInnen.
- auch Personen, die nicht gut lesen können, finden Zugang zu den Inhalten.
Barrierefreiheit ist nicht gleich Suchmaschinenoptimierung
Vielfach ist zu lesen, dass Barrierefreiheit zugleich Suchmaschinenoptimierung bedeutet. Das trifft nur bedingt zu. Viele Aspekte einer barrierefreien Website zahlen durchaus auf die Suchmaschinenoptimierung ein. Ist eine Karriere-Website von Menschen und Suchmaschinen aufgrund der Lesbarkeit und Navigation gut nutzbar, dient dies beiden in gleicher Weise. Relevanter, strukturierter Content entscheidet ebenfalls, ob eine Website als nützlich betrachtet wird. Es gibt also einige Schnittmengen.
Nichtsdestotrotz stellt Barrierefreiheit immer den Menschen sowie die spezifischen Bedürfnisse in den Fokus – und nicht die Anforderungen der Suchmaschinen.
Als Arbeitgeber ein Statement setzen
Eine barrierefreie Karriere-Website ist für viele Menschen ein Muss, für viele Weitere ein absoluter Mehrwert. Sie ist Ausdruck einer hohen sozialen Verantwortung (Corporate Social Responsibility) und für Arbeitgeber die Chance, ein klares Signal zu setzen.
Sie positionieren sich, indem Sie sich für eine stärkere Ausprägung von Diversität und Inklusion in Ihrem Unternehmen engagieren. Das kann und wird zunehmend für Talente bei der Arbeitgeberwahl ausschlaggebend sein.
Liebe LeserInnen, die genannten Gestaltungs- und Formulierungshinweise sollen Ihnen einen ersten Eindruck vermitteln, warum eine Anpassung sinnvoll ist. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sollten Sie sich weitere Informationen wünschen, kontaktieren Sie uns gerne.
Wir sind uns bewusst, dass diese Website Stand heute nicht barrierefrei ist. Das zeigt: Wir alle haben etwas zu tun und wir sollten es gemeinsam angehen.
Titelbild: Unsplash: © Ali Yahya
Hinweis: Obgleich in diesem Beitrag nicht immer geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet werden bzw. Schreibweisen, die die Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck bringen, sind natürlich Männer und Frauen sowie Intersexuelle gleichermaßen gemeint.
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